Full House

Junge britische Kunst

14. 12. 1996 — 31. 3. 1997

Infos

Selten hat eine Künst­ler­ge­nera­tion eines einzigen Landes das Interesse der inter­na­tio­nalen Kunstwelt so auf sich gezogen oder dominiert, wie seit einiger Zeit die junge britische Szene. Sie ist Teil einer komplexen Kultur­ma­schi­nerie geworden, die mit Etiket­tie­rungen wie Brit-Pop, Brit-Film, Brit-Culture und jetzt auch Brit-Art die Kreati­vität einer Genera­tion subsu­miert und als uniformes Produkt in den Medien zirku­lieren lässt. Die Wolfs­burger Ausstel­lung gibt mit siebzehn ausge­wählten Positionen zum ersten Mal in Deutsch­land einen umfas­senden Überblick über eine aktuelle britische Kunst­praxis, die sich außerhalb akade­mi­scher und kunst­imma­nenter Frage­stel­lungen der Moderne, mit ihren vielfäl­tigen Ismen und Neo-Ismen bewegt.

Auch wenn sich diese Künstler ihrer geschicht­li­chen Vorbilder wie Bruce Nauman, Dan Graham, Nan Goldin, Andy Warhol, der briti­schen Pop Art und anderen bewusst sind, entwi­ckeln sie doch in der gezeigten formalen Umsetzung in ihren Arbeiten eine subjek­tive Poesie und unbeküm­merte Sponta­neität, die das Lebens­ge­fühl der MTV-Genera­tion wider­spie­gelt. Viele der Arbeiten reflek­tieren direkt auf die konkreten Erfah­rungen des alltäg­li­chen Lebens, auf die Freizeit­kultur mit ihrer ausge­prägten Musik- und Clubszene, auf Banali­täten und Norma­li­täten, auf das Neben­ein­ander kultu­reller und ethni­scher Szenarien, auf die visuellen Bildwelten von Film, Fernsehen und Werbung, auf die veröf­fent­lichte Sexua­lität oder die ökono­mi­schen Bedin­gungen des Post-Thatche­rismus. Es sind die Eindrücke und Prägungen der pulsie­renden Metro­polen wie London und Glasgow, die die Themen liefern, aber immer aus einem sehr privaten Blick­winkel, wie er jüngst auch in dem engli­schen Kinofilm „Train Spotting“ dokumen­tiert wurde. Auch wenn sich hier eine Gemein­sam­keit andeutet und viele der betei­ligten Künstler unter­ein­ander durch Freund­schaften und gemein­same Projekte verbunden sind, ist jede Position für sich einzig­artig und unver­wech­selbar. Die Wolfs­burger Ausstel­lung zeigt die unter­schied­li­chen künst­le­ri­schen Inter­essen auf und verdeut­licht damit, dass das England­phä­nomen nicht mit den gängigen Schablo­nen­be­griffen und Klischees zu fassen ist. Obwohl „Full House“ eine Gruppen­aus­stel­lung ist, werden alle Künstler ihren eigenen Raum bekommen, der integriert sein wird in eine Ausstel­lungs­ar­chi­tektur, die den Charakter einer Großstadt symbolisiert.

Künstler: Richard Billingham, Christine Borland, Angela Bulloch, Jake & Dinos Chapman, Mat Collishaw, Tracey Emin, Angus Fairhurst, Douglas Gordon, Gary Hume, Abigail Lane, Sarah Lucas, Steve McQueen, Steven Pippin, Georgina Starr, Gillian Wearing, Jane & Louise Wilson, Sam Taylor-Wood

Katalog
Full House. Junge britische Kunst [Reader zur Ausstel­lung]
21 x 30 cm, 99 S.
Wolfsburg 1996
vergriffen